Alex Diehl ist mit seinem mittlerweile dritten Studioalbum zurück und für den einen oder anderen wohl kaum wiederzuerkennen. In den Bergen hat er sich ein kleines Tonstudio gebaut, um dort in aller Ruhe „Laut“ zu sein. Fette Drums, sphärische E-Gitarren und detaillierte Lyrics bestimmen den neuen Sound der Platte, die er ohne Kompromisse auf seinem eigens gegründeten Label Big Diehl Records im Mai veröffentlichte. Die Texte sind heftig und bohren sich tief in die Emotionen des Hörers. Der eine oder andere Song erinnert eher an Genres wie Hip-Hop oder Synthie Pop als an „Singer-Songwriter-Romantik“. Alex Diehl hat mit fast zwei Jahren krankheitsbedingter Pause einen ordentlichen Schuss vor den Bug bekommen und verarbeitet diese harte Zeit in zwölf Tracks. Wer einstecken muss, der teilt irgendwann auch aus. So verwundert es nicht, dass die Songs wie Projektile, gefüllt mit aufgestauten Ängsten und Stress, einem mit geladener Zunge in Titeln wie „Meine Angst“ um die Ohren fliegen.
Natürlich kommt die obligatorische Klavierballade nicht zu kurz, wenn auch mit ungewöhnlichen und unangenehmen Themen, wie eine verzweifelte Beziehung ohne Mittel auf „25 Quadratmeter“ oder der Tod des Schulbandkollegen, der nach 15 Jahren Qualen nie eine Chance auf ein Leben hatte wie „Christoph P.“. Dieses Album zu vollenden, dauerte vier Jahre. Dieses Album erzählt vom Schicksal, das es nicht gibt, von Gerechtigkeit, die nicht existiert und was man tun kann, wenn man trotz alledem Mut beweist. „Wieder am Leben“, ein Titel, der Jan Böhmermann ohne ihn gehört zu haben, schon ein Grinsen ins Gesicht zaubert, weil hier schon wieder jemand in guter alter Deutschpop-Manier versucht, ins Radio zu kommen, erzählt jedoch genau das Gegenteil von dem, was man wohl erwarten würde. Es geht um Mut und die Kraft, schwere Schicksalsschläge und Ängste zu akzeptieren, sich selbst zu vergeben und auch wenn das Leben oft nicht fair ist, es als Chance zu sehen. Diese Platte ist wie eine Therapie für Hörer und Autor gleichermaßen. Sie erzählt nichts vom Sonnenschein ohne den Regen, sie ist klar und ehrlich. Wenn schon Leben, dann mit allem, was dazugehört und vollem Bewusstsein. Wenn es weh tut, dann bitte richtig und wenn man hochlebt, dann bitte wie ein Unsterblicher. Man kann versuchen, sich vor dem Leben zu verstecken, aber wie dieses Album wird es einen immer wieder finden, egal wie leise man ist, es ist laut.
Photocredit: Julian Buttschardt