Disarstar – Ausverkauft!



Dass sein Name immer häufiger auf den vorderen Rängen der Jahresbestenlisten des Deutschrap auftaucht ist kein Wunder. DISARSTAR gelingt es, wie niemandem sonst zurzeit, die schroffe Direktheit des Straßen- und Battle-Raps mit pointierten gesellschaftspolitischen Betrachtungen zu verbinden. Damit hebt er das Niveau der deutschen Rap-Landschaft beträchtlich an.

Ironie und zur Schau gestellte Witzigkeit sucht man in seiner Welt glücklicherweise vergebens – das vertrüge sich auch absolut nicht mit den gewichtigen Inhalten seiner Texte – dafür findet man umso mehr Haltung sowie einen hellwachen Geist mit messerscharfer Beobachtungsgabe.

Wie wichtig so eine Stimme gerade heutzutage ist, kann gar nicht hoch genug bewertet werden. Vor allem ist der Weg den der Hamburger Rapper eingeschlagen hat ein glühendes Fanal dafür, hart an sich zu arbeiten, seine Ideale dabei immer vor Augen zu haben und niemals aufzugeben – auch wenn eine vermeintlich leichtere Ausfahrt möglicherweise mit schnellerer Belohnung lockt.
Wo andere Reimakrobaten betreten zu Boden starren, wenn es um Momente in ihrer Karriere geht, in denen offensichtlich das Bedürfnis nach genau dieser Sorte schnellem Erfolg fragwürdige Ergebnisse in die Künstlerbio geschnitzt hat, hat DISARSTAR über die zehn Jahre seines Schaffens ein makelloses Gesamtwerk angehäuft, das über jeden Zweifel erhaben ist und es mit jedem Release schafft noch eine Schippe drauf zu legen.

Auch „- x – = +“, sein neues Album, macht hier keine Ausnahme. Wo die Sozialkritik der grandiosen Deichkind über feiertaugliche Gassenhauer unters Volk gebracht wird, damit die Massen beim Mitgrölen (hoffentlich) merken, dass es um sie geht, bleibt DISARSTARs Welt bemerkenswert unverträglich.

Statt Unterhaltungsrap in der Grundfarbgebung dunkel und textlich stets knallhart direkt – immer mehr im Geiste eines Chuck D. (Public Enemy) oder Zack De La Rocha (Rage Against The Machine).

Damit besinnt DISARSTAR sich auf die Ur-Intention des HipHop, unverfälschte und ungeschönte Informations- und Reflektionsfläche zu sein.

Tracks wie »Kapitalismus«, »Geteiltes Leid« oder »Konsum«, um nur ein paar exemplarische Titel zu nennen, halten der modernen Gesellschaft gnadenlos den Spiegel vor – und, was viel wichtiger ist, schaffen es dabei, hochkomplexe Sachverhalte in 16 Zeilen zu vermitteln, ohne dabei belehrend zu wirken.

DISARSTAR könnte damit einen wichtigen Anstoß für die Zukunft des deutschen Raps liefern, der hoffentlich viele Jung-Rapper dazu bringt, sich wieder anderen Themen als ihrer eigenen Befindlichkeit oder Battle-Rap Selbstbeweihräucherung zuzuwenden.

Dass Sendungs- und Selbstbewusst-Sein sich keinesfalls ausschließen müssen belegt »Deathmetal«, die erste Single von „- x – = +“, die den Grundton für das Album vorgibt.

Fotocredit: Maximilian König
Am
03.03.2019