Fliehende Stürme + Support: Der Rest



Fliehende Stürme sind eine deutsche Depro-Punk/Dark-Wave-Band, die Mitte der 1980er Jahre aus der Stuttgarter Punk-Band Chaos Z hervorging. Diese Namensänderung erfolgte, da die Band neue Stücke in einem anderen Stil schrieb, zu Chaos Z aber mittlerweile eine eindeutige Erwartungshaltung von Labels und Publikum aus bestand. Wir fanden es persönlich manchmal ziemlich enttäuschend, wenn sich Gruppen, deren erstes Album wir geliebt hatten, auf den Folgeplatten in einem völlig neuen Sound präsentierten.

Fliehende Stürme führte einerseits die Tradition des harten, von Discharge und Joy Division beeinflussten, kompromisslosen Punk-Stils von Chaos Z fort, verwendete andererseits jedoch auch elektronische Elemente wie Drumcomputer (nach dem Ausstieg Michael Ortners) und Synthesizer und galt als Crossover aus deutschem Hardcore Punk (nach damaliger Definition) und klassischem Dark Wave. Der Einfluss von Gruppen wie Killing Joke, Xmal Deutschland, Bauhaus und Abwärts wurde seitens der Gruppe immer wieder erwähnt.

Der Rest:

Das lauteste Trio seit Motörhead, die unterhaltsamste Chose seit James Last und die bittersten Erkenntnisse nach Discharge und Napalm Death – es kehrt alles zurück! DER REST bietet THERAPIE FÜR ALLE! an Phil Taraz besorgte „es“ kurzerhand dem Rest der Welt: Willkommen im Café Elend war noch halbwegs nett gemeint, doch bei 10 Lieder für Freunde, dem Folgealbum, blieb so manchem Checker das Lachen im Orkus stecken. Nun gibt es Therapie für alle! – fernab der Larmoyanz, die auf dem Vorgänger noch die Nähe zu den Fliehenden Stürmen oder EA 80 vermuten ließ. Und ganz weit weg vom Selbstgenügsamen einer Biographie, die auf Anerkennung des veräußerten Schicksals pocht. Abgespeckt, direkt und mit dem Sinn des Großen und Ganzen versehen, gehen Phil Tara, Jeannine Max und der Drummer Alex Klauk mit Therapie für alle! – aufs Ganze. Während Zeilen wie diese hier entstehen, die beschreiben, was es zu hören und – in gebührender, ja legendärer Lautstärke – zu vereinnahmen gilt, werden weltweit zahllose Mitmenschen zu Tode gequält. Ein Titel wie „Die Festung“ versucht, dem Rechnung zu tragen. Ein desaströses Unterfangen. Und weiter im Text, der sich am Ruch des Lebens mehr als nur gerieben hat: Sei es der salbungsvolle Opener „Deine Seele ist mein Bett“, der widrige „Wald“, das garstig ehrliche „Was wenn nicht“ oder die Emphase des „Lass uns tanzen“ – glücklich mag sich schätzen, wer auf „Ich liebe dich“ gut kommt. Was bleibt ist Der Rest: Hochgradig aktuell, nostalgisch desillusioniert, am Ende, am Anfang – vom Ende. Menschen mit schwachen Nerven, Herzschlaginsuffizienz oder Schwangerschaft sei dringend von Der Rest abgeraten. Suizid, Infarkt und unwillentlicher Abortus wären der Preis einer Nichtbeachtung dieses freigeistigen Hinweises. Auf der Kehrseite der Medaille findet man hier eine Lebensfreude und eine Energie die sich auf den richtigen Zuhörer wie ein wahres Geschenk auswirkt.

Am
17.12.2016