Von Eden



Der Weg war weit, aber er hat sich gelohnt: Am 11. August 2017 erscheint „Wir sind hier“, das Debüt-Album der Ausnahmeband Von Eden. Auf dem Weg dahin standen eine Crowdfunding-Kampagne, eine große Freundschaft, ein noch größerer Traum – und vor allem wahrhaftige Songschreibermusik, wie man sie in dieser Form selten gehört hat.

Begleitend zur Veröffentlichung von „Wir sind hier“ haben Von Eden sieben Konzerte im September/Oktober 2017 bestätigt. Von Eden spielen am 20.09. in Hannover im Lux, am 25.09.
in Leipzig im Täubchenthal, am 26.09. in München im Backstage, am 27.09. in Saarbrücken in der Garage (kleiner Klub), am 02.10. in Berlin im Musik & Frieden, am 03.10. in Köln im Blue
Shell und 04.10. in Hamburg im Nochtspeicher.

Tickets sind unter www.myticket.de sowie telefonisch unter 01806 – 777 111 (20 Ct./Anruf – Mobilfunkpreise max. 60 Ct./Anruf) und bei den bekannten Vorverkaufsstellen erhältlich.

Begonnen hat der ganze Quatsch vermutlich mit James Dean. Dieser verdammte Mythos von der Jugend als heiliger Gral der Popkultur, den Dean unbeabsichtigt durch seinen frühen Tod
begründet hat. So wurde Jugend zu einem popkulturellen Fetisch, der sich bis heute gegen jeden Trend hartnäckig hält.

Nun heißt die Band Von Eden allerdings nicht Von Eden, weil James Dean mit der Verfilmung von John Steinbecks Roman „Jenseits von Eden“ seinen großen Durchbruch als Filmstar hatte.
Und auch sonst sind die Parallelen überschaubar: Es wird zwar später in diesem Text ganz kurz um Schauspielerei gehen, aber nein: Mit Steinbeck oder Dean haben von Eden nichts zu tun. Mit

Herrenanzügen aus Hamburg oder der Bibel übrigens auch nur insofern, als dass sie mit Style und großer Hingabe musizieren. James Dean soll hier lediglich symbolisch für ein vermeintliches Pop-Gesetz bemüht werden.

Denn im popkulturellen Sinne sind Von Eden nicht direkt jung. Keine Missverständnisse: Christoph Letkowski (Gesang, Gitarre) Matthias Preisinger (Violine, Mandoline) Philipp Rohmer
(Kontrabass, Bass) und Nicolai Ziel (Schlagzeug, Percussion) sind alles andere als alt. Sie sind nur eben: keine 18 mehr – und damit eigentlich jenseits von jenen, die angeblich für die
Popmusik überhaupt in Betracht kommen.

Und das ist schade. Denn diese Band ist ein sehr gutes Beispiel dafür, wie absurd unzeitgemäß diese Jugendfixierung eigentlich ist. Längst touren die Granden der Sechziger bis ins hohe Alter,
ist die Begeisterung für Musik in allen Altersgruppen demokratisch verteilt. Wir werden immer älter, 50-Jährige kleiden sich wie 20-Jährige. Aber ausgerechnet das vermeintliche Innovationsmedium Pop beraubt sich ohne Not der Erfahrung und der gestalterischen Kraft der etwas Älteren – ein fataler Fehler.

Womit wir endgültig bei „Wir sind hier“ sind. Das Von-Eden-Debüt profitiert enorm von der Tatsache, dass diese Band nicht mehr grün hinter den Ohren ist. Man merkt es an der
reflektierten Reife der Themen, der Bestimmtheit, mit der diese Musiker den Eindruck vermitteln, genau zu wissen, was sie wollen und was nicht. So bringen von Eden eine neue
Farbe in den Diskurs, der der alten Tante Pop verdammt guttut. „Wir sind hier“ erzählt von einer großen Freundschaft, von den großen und kleinen Fragen des Lebens – und den vielen Dingen
dazwischen.

Dass Von Eden das gemeinsame Musizieren Spaß macht, war im Prinzip von Anfang an klar. Dabei handelt es sich bei der Band um eine Zufallsgemeinschaft, womit wir bei der Schauspielerei sind: Der Von-Eden-Sänger und -Songschreiber Christoph Letkowski macht zwar schon sein ganzes Leben Musik und spielte in zahlreichen Bands. Außerdem ist er aber auch ein durchaus bekannter und sehr guter Schauspieler. In der Verfilmung von Charlotte Roches Beststeller „Feuchtgebiete“ spielte Letkowski den Pfleger Robin. Und da dieser Filmrobin auch Musik macht und Letkowskis musikalisches Talent bekannt war, sollte er für den Film einen Song schreiben. Dafür brauchte er eine Band, also rief er seine alten Freunde Preisinger, Rohmer und Ziel an, außerdem war damals noch Ilker Aydin dabei.

Weitere Pläne gab es zunächst nicht: Die Musiker trafen sich, nahmen drei Songs auf, es machte allen großen Spaß – und eines dieser Lieder, der Road-Song „Land in Sicht“, wurde für den Film
ausgewählt. Doch damit ging es eigentlich erst los: Die Sessions hatten sich gut angefühlt, die Reaktionen aus dem Umfeld waren positiv, also entschieden die Musiker, in dieser Besetzung
weiterzumachen. Bis auf Ilker, der nach seinem Medizinstudium eine eigene Praxis eröffnete und diese Tätigkeit nicht mit der Musik vereinbaren konnte. Weil eins von Anfang an klar war:
Eine Hobbyband sollte das hier nicht werden. Allerdings eine, in der sehr gute Freunde gemeinsam Musik machen.

Die Musiker begannen weitere Songs zu schreiben. Von Eden gaben erste Konzerte, es wurde ein Video zum Song „Sommer ist“ gedreht, für das die Band den Schauspieler Jürgen Vogel gewinnen konnte. Was all diesen Dingen gemeinsam blieb, ist der romantische Aufbruchsgeist jener ersten Sessions vor nunmehr fünf Jahren. Seitdem haben Von Eden ihren Stil endgültig gefunden. Zu keinem Zeitpunkt gab es in dieser Karriere besonderen Druck oder Eile, es ging stets nur darum, eine eigene musikalische Sprache zu entwickeln, die den hohen Ansprüchen der Musiker gerecht werden würde.

In diesen Tagen erscheint nun das erste Album der Band, „Wir sind hier“. Nachdem sie über einen längeren Zeitraum keine Plattenfirma gefunden hatten, die ihre Vorstellungen teilte,
haben Von Eden das Werk kurzerhand über eine Crowdfunding-Kampagne finanziert. „Wir waren selbst unsicher, ob das funktionieren kann“, sagt Christoph Letkowski, „aber innerhalb
kürzester Zeit kam die völlig wahnsinnige Summe von 20.000 Euro zusammen.“

Die Detailverliebtheit, die große Disziplin und Hingabe, mit der Von Eden an ihrer Musik arbeiten, hört man dem Album in jeder Note an. Vor allem klingt „Wir sind hier“ an den entscheidenden Stellen anders als das Gros der aktuellen deutschen Chartproduktionen.

Mutiger, offener, auf mitreißende Weise ein Gefühl für Weite evozierend, für das Deutschland beinahe zu eng ist. Von Eden machen Popmusik, die aus der Songschreiberposition ihre Kraft
bezieht und deutlich Befindlichkeiten verhandelt.

Das vielleicht beste Beispiel für diese These ist der Song „Mensch von eben“. Zu Beginn rappt Letkowski beinahe, ehe sich der Song kontinuierlich in ein hochmelancholisches Epos steigert,
der bisweilen an die Blumfeld der späten Neunziger erinnert. Es geht um First World Problems, die Gier des Menschen und die Unfähigkeit, elementarste Dinge zu lernen wie Empathie und
Toleranz. „Mensch von eben“ ist ein Instant-Hit, gewonnen aus einer Einkehr der bittersüßen Art und einer hervorragenden Beobachtungsgabe, wie sie den Texter Christoph Letkowski
ausmacht.

Das eingesetzte Instrumentarium ist ebenfalls auf wohltuende Weise untypisch für dieses Land. Das Banjo und die Mandoline in „Gezeiten“ oder „Brücken“ könnten so auch bei einer Band wie
Mumford & Sons erklingen. An anderer Stelle denkt man in Ansätzen häufiger an moderne deutsche Popmusik von Leuten wie Bosse. Aber Von Eden sind dann doch die Spur kantiger und
offener für andere Einflüsse, um im Einheitsbrei des jungen deutschen Pop unterzugehen. Häufig liegt bereits im Ansatz dieser Art von Musik die Nähe zum Kitsch – der dann den tiefinnigen
Themen ihre Glaubwürdigkeit nimmt. Genau in diese Falle tappen Von Eden nicht. Sie machen zwar großgedachte Popmusik, verraten aber niemals ihre Themen.

Daraus ergibt sich ein besonderer und eigener Mix, den Christoph Letkowski mit einer bildreichen, poetischen Sprache versieht, die Sehnsüchte weckt. Und hier kommt ihnen wieder ihr Alter zur Hilfe: Von Eden haben keine Scheu vor Themen, ihnen ist nichts mehr peinlich.

Daraus beziehen sie ihre Wahrhaftigkeit. Ein großer Vorteil, weil man gerade in jungen Jahren häufig automatisch eine Distanz zu seinen Gefühlen entwickelt, wenn man sie durch Distinktions- und vermeintliche Coolnessfilter beurteilt.

Ein Song wie „Gezeiten“ ist zum Beispiel mit Herz und Hand gemachte Musik ohne Netz und doppelten Boden. Nicht nur dieser Song klingt immer auch nach Straße und Unterwegssein. Ein
mächtiges Lied, dem man aber auch eine gewisse Rauheit anhört. Wie alles andere haben die Vollblutmusiker Von Eden auch „Gezeiten“ live aufgenommen, gemischt hat „Wir sind hier“ schließlich Swen Meyer, der bereits für Kettcar, Tomte und zahlreiche andere arbeitete. Es ging von Eden bei dieser Produktion darum, eine gewisse Größe zuzulassen, aber trotzdem nicht
schlagerhaft oder bombastisch zu klingen. Und daraus entstand eben ein ziemlich einzigartiger Stil.

Halten wir also fest: Von Eden sind eine Band, in der zufällig ein Mann singt, der auch als Schauspieler erfolgreich arbeitet. Die zufällig zusammen fand, bei der seitdem aber nichts mehr
dem Zufall überlassen wird. Die Von-Eden-Geschichte ist die einer großen Freundschaft. Eine Geschichte wie im Film – durch einen Film möglich gemacht. Fünf Jahre haben Von Eden sich
immer wieder in Frage gestellt, an ihren Skills gearbeitet, gestritten, gelacht, gefeiert und ganz viel Musik gemacht. Jetzt sind sie bereit. Die Von-Eden-Geschichte beginnt: jetzt. Mit „Wir sind
hier“, einem der mitreißendsten und wahrhaftigsten deutschen Pop-Alben seit sehr langer Zeit.

Fotocredit: Mathias Bothor

Am
20.09.2017